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Eine kleine Sammlung faszinierender Ernährungserfahrungen

Das „Geheimarchiv der Ernährungslehre“ ist ein interessantes kleines Büchlein, das bisweilen zu Unrecht kritisiert wird, weil es heutzutage auch im umstrittenen Kopp-Verlag erscheint. Ursprünglich erschien es im Bircher-Benner-Verlag und ist bis heute auch über diesen erhältlich.
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Beim „Geheimarchiv“ handelt es sich um eine nur anscheinend recht willkürlich zusammengestellte Auswahl einzelner Ernährungsstudien in verschiedenen Bevölkerungen auf der ganzen Welt. Diese stammen allesamt aus der Zeit vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts und ergeben zusammengenommen ein sehr aufschlussreiches Gesamtbild davon, was eine gesunde Ernährung ausmacht. Aus dem Alter der Studien könnte man nun zwar vermuten, die Daten seien überholt und genügten nicht mehr modernen medizinischen wissenschaftlichen Standards, jedoch führt der Verfasser Dr. Ralph Bircher, Sohn des für sein Müsli bekannten Schweizer Arztes Maximilian Oskar Bircher-Benner, an, dass das Leben zum einen nicht in seiner Gänze mit wissenschaftlichen Mitteln zu fassen sei, zum anderen, dass es zu der Zeit damals noch Kulturen gab, die von westlichen Einflüssen weitgehend verschont waren und eine unverfälschte ursprüngliche Lebensweise vorzeigten, was heute im Prinzip nicht mehr möglich ist. 

So finden sich im „Geheimarchiv“ auf knapp 150 Seiten 30 Kapitel, in denen jeweils eine Studie vorgestellt wird. Bei einigen handelt es sich um Berichte von Selbstversuchen durch Ärzte oder Leistungssportler mit vegetarischer, veganer oder niederkalorischer Kost. Besonders spannend sind aber vor allem jene Studien, die breit angelegt ganze Bevölkerungen beobachten in Bezug auf Ernährung, sonstigen Lebenswandel, Gesundheitsstatus und Leistungsfähigkeit. Dazu gehören u. a. die Tarahumara-Indianer in Mexiko, ein Bergvolk auf Neuguinea, Bantu-Stämme in Zentralafrika, ein abgeschiedenes Hochtal im Wallis, die bäuerliche Bevölkerung Chinas vor dem Zweiten Weltkrieg, die ländliche Bevölkerung auf Java, die historischen Wikinger, die sizilianische Landbevölkerung, aber auch Dänemark oder die Schweiz in Zeiten von Rationalisierung während der Weltkriege. Dabei wird relativ undogmatisch vorgegangen und keine spezifische Ernährungsform besonders hervorgehoben oder beworben. So erweisen sich Menschen bester Gesundheit mit roher oder erhitzter Kost, mit oder ohne Brot, mit oder ohne Getreide, mit oder ohne Milchprodukten, mit oder ohne Fleisch und Fisch etc. Will man die Erkenntnisse aller einzelnen Studien zu einem Fazit zusammenfassen, so lässt sich wohl sagen, dass eine gesunde Ernährung vorwiegend pflanzenbasiert ist und stark von der Qualität der Lebensmittel, also von der Frische und Verarbeitung abhängt.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die von einigen US-amerikanischen Herzchirurgen entwickelte Ernährungsintervention bei Infarktpatienten auf den im „Geheim­archiv“ vorgestellten Beobachtungen bei indigenen Kulturen beruht. Mit der Ernährungsintervention haben die Ärzte in eigenen klinischen Studien deutlich bessere Erfolge als mit Operationen, so dass sich verengte Arterien sogar wieder lichten, während Stents oder Bypässe bei gleichbleibender Lebensweise in der Regel nach einigen Jahren wieder verschließen.

(ts)