Zurück zur ListeErnährungsratgeber Rohkost und Erwärmtes

Rohkost und Hitzeverfahren im Vergleich

Sowohl Rohkost als auch erhitzte Nahrung bieten Vorteile, aber auch Nachteile. Bei erhitzter Kost bestehen zudem deutliche Unterschiede je nach Art des Erhitzens: Die schonendste Art ist das Dampfgaren, das mit fast 100° C heißem Wasserdampf im Prinzip die gleiche Garleistung erbringt wie das Kochen, dabei aber weniger Inhaltsstoffe verloren gehen. Benutzt man beim Kochen oder Dünsten das Wasser zur Mahlzeit später mit, z. B. als Suppe oder Soße, erübrigt sich dieser Vorteil. Alle anderen Hitzeverfahren wie backen, braten, grillen und frittieren sind aufgrund der hohen Hitzeeinwirkung und der dabei entstehenden Giftstoffe kritischer zu bewerten.

Der große Vorteil von Rohkost ist, dass alle Inhaltsstoffe unverändert und in voller Konzentration erhalten bleiben, somit also einen größeren gesundheitlichen Nutzen aufweisen. Dies gilt allerdings nur bedingt, da manche Inhaltsstoffe durch das Erhitzen auch besser oder überhaupt erst verfügbar werden, weil die Zellwände aufgebrochen werden. Ein weiteres Argument der Befürworter von Rohkost ist, dass die Proteine ab einer Temperatur von 42° C denaturieren und der Körper auf diese dann anders reagiert. Dies ist aber eher unwahrscheinlich, da es sich bei der Denaturierung der Eiweiße lediglich um eine Entfaltung der langen Aminosäureketten handelt, ein Vorgang, der bei der Verdauung ohnehin im Magen stattfindet, also noch bevor die eigentliche Nährstoffaufnahme im Dünndarm überhaupt stattfindet. Des weiteren wird behauptet, die Rohkost ist dem Menschen zuträglicher, da sie dem ursprünglichen evolutionären Ernährungsverhalten entspricht. Dies stimmt auf der einen Seite, auf der anderen Seite existiert jedoch auch die Theorie, dass der Mensch sein großes Gehirn erst dann entwickeln konnte, als er durch die Entdeckung des Feuers seine Nahrung erhitzen konnte, der Verdauungsprozess somit weniger Energie in Anspruch nahm und der Darm sich verkürzte, wodurch Energiekapazitäten für Hirnleistung frei wurden. Somit wäre unser Verdauungsapparat heutzutage eher auf erhitzte Nahrung eingestellt. Dementsprechend hat erhitzte Nahrung den Vorteil, quasi „vorverdaut“ zu sein, so dass der Körper weniger Energie und Zeit benötigt zur Verdauung. In vielen Kulturen, insbesondere den ost-asiatischen, gilt, dass Rohkost dem Körper Energie entzieht bzw. ihn kühlt. Rohkost wäre dementsprechend im Sommer zu empfehlen, im Winter von Nachteil. In solchen Kulturen werden so gut wie alle Mahlzeiten warm zubereitet, eine weite Verbreitung von Mangelerscheinungen existiert nicht. Giftige Pflanzenstoffe wie die Lektine in Hülsenfrüchten werden durch das Erhitzen inaktiviert, beim Keimen passiert dies nicht in gleichem Umfang. Zudem kann der Verzehr von rohen Eiern, Schalentieren und Süßwasserfischen zu Mängeln führen, da sie Stoffe enthalten, die bestimmte Vitamine verbrauchen. Zusätzlich desinfiziert das Erhitzen die Nahrung, wodurch weniger Krankheitserreger in den Körper gelangen. Auf der anderen Seite hat das Erhitzen natürlich auch seine Nachteile: Wichtige Inhaltsstoffe gehen mit dem Wasser verloren oder werden durch die Hitze zum Teil zerstört, und je höher die Temperaturen sind, umso wahrscheinlicher bilden sich gesundheitsschädliche bis hochgiftige Substanzen wie Transfette, Acrylamide und Dioxine.

Wägt man die Argumente ab, könnte man zu dem Schluss kommen, dass eine Ernährung mit einem ausgeglichenen Verhältnis von roher und erhitzter Kost am günstigsten ist, da sich die jeweiligen Nachteile der einen Art durch die Vorteile der anderen aufheben lassen. Hier hilft wohl auch, ein gutes Gefühl für die Bedürfnisse und Reaktionen des eigenen Körpers zu entwickeln.

Da das Dampfgaren die schonendste Art des Erhitzens ist, sollte sie auch das Mittel der Wahl sein. Zudem ist sie sehr praktisch weil kaum arbeitsintensiv und günstig. Man braucht kein spezielles Kochgeschirr, es reicht ein herkömmlicher Topf und eine Einlage, die es in vielen Läden und Supermärkten für rund fünf Euro gibt. In Asialäden gibt es hübsche Einlagen aus Bambus, die aber im Dauergebrauch weniger hygienisch als Stahlsiebe sind. Die Siebe legt man in den Topf, füllt Wasser ein, sodass es den Boden ausreichend bedeckt, aber nicht bis ins Sieb hineinreicht. Nun wird das Wasser zum Kochen gebracht, bis aus dem Deckel Dampf entweicht. Ab hier reicht es, auf kleiner Flamme das Wasser am köcheln zu halten. Wegen der geringen Wassermenge ist dieser Punkt schnell erreicht. Dampfgaren kann man im Prinzip alles, was man auch Kochen kann, sogar Getreide und Linsen, am besten nachdem man diese einige Stunden hat einweichen lassen. Oft dauert das Dampfgaren so auch nicht länger als das Kochen. Auf Seite 5 stellen wir ein einfaches Rezept vor, das Rohkost und Dampfgegartes lecker kombiniert. (ts)
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