Buchtipp

Brigitte Holzinger: „Anleitung zum Träumen. Träume kreativ nutzen“

Brigitte Holzinger ist sowohl Traumforscherin als auch Gestalttherapeutin, bringt also die besten Voraussetzungen mit, den Leser auf lebendige Weise in seine Traumwelten zu begleiten. Dass sich die Autorin dann hier auch auf einem Gebiet absoluter professioneller wie persönlicher Leidenschaft bewegt, ist klar ersichtlich, jedoch hat das Buch auch einige sprachliche und konzeptionelle Schwächen, was den Gesamteindruck etwas schmälert.

Nichtsdestotrotz ist die „Anleitung zum Träumen“ eine interessante, leicht verständlich geschriebene Lektüre und Einführung in ein spannendes Phänomen menschlichen Erfahrungspotenzials. So berichtet Brigitte Holzinger zum Beispiel von persönlichen Gesprächen mit Menschen aus ganz anderen Kulturen und erläutert, welchen Stellenwert der Traum bei ihnen einnimmt, sie deutet die historische Entwicklung der tiefenpsychologischen Traumdeutung durch Sigmund Freud und Carl Gustav Jung und stellt die neurowissenschaftliche Perspektive der verschiedenen Schlaf- und Traumphasen vor.

Besonders spannend wird es in den späteren Kapiteln ihres Buches, wenn Holzinger anhand sehr vieler Beispiele aus der eigenen gestalttherapeutischen Praxis darauf eingeht, ob und wie sich körperliche Empfindungen auf unser Traumerleben auswirken mögen, was es mit dem luziden Träumen, dem Klarträumen, auf sich hat, und mit welchen Strategien man Albträumen begegnen kann. Das im Titel mitklingende Versprechen „Träume kreativ nutzen“ kommt jedoch irgendwie etwas kurz, praktische Übungsanleitungen zum Umgang mit Träumen gibt es zwar zur Genüge, jedoch bleiben diese auch mehr oder weniger auf das Träumen an sich beschränkt, während das der Kreativität gewidmete Kapitel eigentlich nur anekdotenhaft von dem Traumerleben künstlerisch tätiger Menschen berichtet. Ein weiterer Wermutstropfen ist, dass das äußerst spannende Thema der sogenannten Wahrträume, also Träume, deren Inhalte sich kurze Zeit später tatsächlich in der Realität ereignen, nur am Rande erwähnt wird. Die Autorin trifft diese Entscheidung jedoch bewusst und verweist auf weiterführende Literatur dazu.

Alles in allem bleibt es bei einem Buch, in welchem immer mal wieder kleine Gedankenblitze aufleuchten und dem leidenschaftlichen Träumer so ein wenig Nahrung zur Verfügung stellt. Der große Wurf ist es jedoch sowohl stilistisch als auch stofflich nicht. Man hätte von einer Wissenschaftlerin, die so nah dran ist an der Materie, Dichteres erwartet. Trotzdem: Über weite Teile ist das Buch kurzweilig, einfach zu lesen und weckt das Interesse an der Welt unserer nächtlichen Fantasiereisen.

(ts)