Gut zu wissen

Kalorien in der Kritik

Geht es um gesunde Ernährung und ein gesundes Körpergewicht, so geht es immer auch um Kalorien. Aber ist das konsequent richtig gedacht, und wie viel lässt sich überhaupt über Energieaufnahme und -verbrauch aussagen?

Wie bei eigentlich allen medizinischen und biologischen Größen existiert auch zu Kalorien keine in Stein gemeißelte Zahl, und so wurde die Angabe für die notwendige Energieaufnahme des Menschen schon mehrfach korrigiert. Aber auch unabhängig von neuen Erkenntnissen und Messmethoden ist durch grundsätzliche Überlegungen Kritik am Kalorienmodell angebracht. So lässt sich der Brennwert, der sich durch die Verstoffwechslung von Nahrungsbestandteilen ergibt, gar nicht direkt bestimmen, vielmehr handelt es sich um einen Schätzwert. Zudem hängt der Energiebedarf wesentlich von der Umgebungstemperatur ab, da ein Großteil der erzeugten Energie für den Erhalt der Körpertemperatur genutzt wird und der Energiebedarf somit jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen dürfte. Außerdem spielt in der Energieerzeugung für den Organismus die Darmflora eine wesentliche Rolle. Diese ist jedoch meist individuell deutlich verschieden.

Auf der anderen Seite unterliegen auch die Bestandteile von Lebensmittel erheblichen Schwankungen. Auch werden alle drei Makronährstoffe, also Kohlenhydrate, Fette und Proteine, in die Kalorienangaben einbezogen, obwohl diese gar nicht alle zur Energiegewinnung verstoffwechselt werden. Vor allem Proteine dienen primär dem Erhalt von Körperstrukturen und -funktionen und werden nur bei Protein-Überangebot oder Mangel an den eigentlichen Energieträgern Fett und insbesondere Kohlenhydraten „verbrannt“. In der durchschnittlichen modernen Ernährung stammen ca. 25 % der aufgenommen Kalorien von Proteinen. Die Aussagekraft über deren Anteil am Energiehaushalt scheint also fraglich. Zudem läuft der Umbau von Nahrungs­bestandteilen zum Erhalt von Körperstrukturen unter Energieverbrauch ab.

Während heute ein durchschnittlicher Bedarf von 2.000 kcal/Tag angenommen wird, gibt es auch Ärzte, die diesen Wert für viel zu hoch halten. Eine kalorienreduzierte Diät hat in vielen Studien gesundheitliche Vorteile gezeigt. Dass die Kalorienmenge eine große Rolle bei Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten spielt, scheint richtig, jedoch scheint der aktuelle Blick auch der Komplexität von Stoffwechselvorgängen nicht gerecht zu werden. 

(ts)