Ein provokanter Leitfaden zu einer besseren Gesundheit

Wir fressen uns zu Tode


Man kann sich bei der Lektüre des kleinen Buchs "Wir fressen uns zu Tode" in der Autorin Galina Schatalova sehr gut eine zackige, in aller Strenge gütige Frau vorstellen, die in jovialer Stimmung ihre provokanten Thesen aufstellt.

Die Kernaussage des populärwissenschaftlichen Buchs mit dem Untertitel „Das revolutionäre Konzept einer russischen Ärztin für ein langes Leben bei optimaler Gesundheit“ lautet, dass das gängige Model einer ausgewogenen Ernährungen mit einer täglichen Kalorienzufuhr von rund 2.000 kcal und mehr grundsätzlich falsch sei, und dass auch bei starker körperlicher Betätigung eine Zufuhr von täglich rund 1.000 kcal absolut ausreichend sei. So könne bei optimaler Lebensführung von der Geburt an ein Alter von 150 Jahren erreicht werden, aber auch bei einer späteren Umstellung auf Schatalovas „System der natürlichen Gesundung“ könnten schwerwiegende Erkrankungen kuriert und optimale Gesundheit wieder hergestellt werden. Dabei unterscheidet Schatalova zwischen der heute üblichen „praktischen Gesundheit“, die für diejenigen Menschen zutreffe, die klinisch (noch) unauffällig sind, aber nicht ihr vollständiges Leistungspotenzial ausschöpfen können, und einer „wirklichen Gesundheit“. Diese erlaube u.a. tagelange Fußmärsche durch die Wüste, von denen die Autorin immer wieder anekdotenhaft erzählt, und zwar.bei minimaler Ernährung und Wasserzufuhr und ohne größere Mühen.

„Wir fressen uns zu Tode“ ist an Laien gerichtet als Wegweiser und Leitfaden für die praktische tägliche Lebensführung und bezieht sich dabei immer wieder auf wissenschaftliche Studien, ohne sich mit Details und Zahlen aufzuhalten oder zu tief in Anatomie und Physiologie einzutauchen. Das erlaubt ein entspanntes und einfaches Lesen, allerdings ist es von erheblicher Hilfe, das Buch mit fundiertem medizinischen Vorwissen anzugehen, um die argumentative Spreu vom Weizen zu trennen. Nicht alles, was hier zu Papier gebracht wurde, ist haltbar oder plausibel, im Ganzen ergibt sich aber dennoch ein rundes Bild einer Gesundheitsphilosophie, die immer wieder die Notwendigkeit einer naturverbundenen Lebensweise betont. Schön ist dabei, dass Schatalova sich nicht allein auf die Ernährung beschränkt, sondern auch weitere Säulen der „wirklichen Gesundheit“ aufgreift und mit praktischen Anleitungen versieht. Dazu gehören die geistige, psychische und spirituelle Gesundheit, die richtige Atmung, ausreichend und richtige Bewegung sowie die Abhärtung gegen extreme Temperaturen durch Saunagänge und Kältebäder.

Als grober Gradmesser zur Bewertung von gesundheitlichen Thesen darf auch ein Blick auf Gesundheit, Lebensführung und -alter der Verfasserin geworfen werden. Galina Schatalova wurde 1916 geboren, studierte Medizin, wurde Neurochirurgin und eine der führenden russischen Ärzte im Raumfahrtprogramm. Im Laufe ihrer Karriere kamen ihr zunehmend Zweifel an den gängigen Ernährungsempfehlungen und der Lebenspraxis in der modernen Welt auf, was sie zu ihrer alternativen Philosophie veranlasste, die sie mit klinischen Untersuchungen untermauerte. 2011 starb sie im Alter von 95 Jahren. Ihr Buch „Wir fressen uns zu Tode“ erschien im Jahr 1996.

(ts)